Bildungsforschung: Auswertung weltweiter Daten zu Innovation und Führung
05.12.2023 Was bedeutet Innovation in der Bildung? Der Begriff ist in der Forschung nicht klar definiert, dabei ist Innovation im Bildungswesen entscheidend für Verbesserung und die nachhaltige Entwicklung von Schulen. Prof. Dr. Marcus Pietsch wertet in den kommenden drei Jahren systematisch internationale Daten aus. Wichtiger Kooperationspartner ist die Universität Oslo.
Obwohl Führung als entscheidend für Innovationen an Schulen gilt, mangelt es an systematischen Übersichten und Metaanalysen, die die Beziehung zwischen diesen beiden Themen untersuchen und eine evidenzbasierte Entscheidungsfindung ermöglichen. Im DFG-Projekt „Educational Leadership and Innovation: Systematising the Evidence “ möchte Marcus Pietsch, Professor für Bildungswissenschaft, insbesondere Bildungsmanagement und Qualitätsmanagement, den Wissensstand daher systematisch überprüfen und belastbare Ergebnisse auf Grundlage meta-analytischer Methoden erhalten. „Wir werten weltweite Daten aus. Innovation kann selbst auf Schulebene unterschiedlich sein und zwischen Nationen sowieso“, sagt Marcus Pietsch. In Deutschland etwa stehe Digitalisierung oft für Innovation, in Nigeria könne Innovation ein neues Gebäude sein und in Kirgisistan meint es die Teilnahme an einem Landesprojekt, wie Voruntersuchungen zeigten.
Im Rahmen des Projekts werden systematische Übersichten und Meta-Analysen erstellt, basierend auf publizierten Studien und Daten aus Schulleistungsstudien wie PISA oder dem OECD-Projekt TALIS, welches das Lernumfeld und die Arbeitsbedingungen von Lehrkräften in der Schule untersucht. Wichtig ist insbesondere die Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Ronny Scherer vom Centre of Educational Measurement (CEMO) der Universität Oslo: „Er gilt als führender Experte für Meta-Analysen weltweit“, erklärt Marcus Pietsch. Zum Forschungsteam gehören außerdem der Alexander von Humboldt-Forschungsstipendiat und Review-Experte Prof. Dr. Mehmet Bellibaş sowie der Psychometriker Dr. Burak Aydin.
Im zweiten Schritt untersuchen die Forscher Generalisierbarkeit und Heterogenität des Zusammenhangs zwischen Führung und Innovation. Das Ziel ist hier, robustes empirisches Wissen für eine evidenzbasierte Entscheidungsfindung und nachhaltige Veränderungen im Bildungswesen zu generieren. „In einer anderen Meta-Studie fanden wir heraus, dass der Effekt von Führung auf Schülerleistung weltweit betrachtet Null ist“, sagt Marcus Pietsch und erklärt: „Wie geführt wird, aber auch wie Schüler*innen und Lehrer*innen sich führen lassen, ist kulturell unterschiedlich. Wir konnten positive Effekte von Führung feststellen, etwa in einigen asiatischen Ländern, aber es gab auch negative Auswirkungen. Gemittelt ergaben die Daten deshalb den Wert Null.“
Der Heisenberg-Professor Marcus Pietsch hält daher die die weltweite Untersuchung von Führung an Schulen in der Zukunft für unerlässlich: „Gerade groß-angelegte Schulleistungsuntersuchungen aber auch viele andere Bildungserhebungen enthalten oft einen Bias, denn sie beziehen ihre Daten großteils aus Ländern, die sich als WEIRD (western, educated, industrialized, rich, democratic) beschreiben lassen. In der PISA-Studie z.B. etwa werden Daten aus afrikanischen Ländern fast gar nicht betrachtet.“
Die DFG fördert Führung an Schule und Innovation für drei Jahre mit rund 350 000 Euro.