Humboldt-Forschungsstipendiat: Dr. Onwu Inya - Metaphern der Demokratie

06.05.2024 Der Gastwissenschaftler am Institut für Anglistik analysiert Sprache und Redeweisen im nigerianischen Parlament. Seine Forschungsergebnisse können helfen, die junge Republik zu stärken.

Onwu Inya ©Leuphana/Teresa Halbreiter
„Unsere Forschung trägt zum Verständnis der angespannten und polarisierten Beziehungen zwischen den Regierungszweigen in einem präsidentiellen politischen System in einer aufstrebenden Demokratie bei", erklärt Onwu Inya.

Wenn Abgeordnete sprachliche Ausdrücke verwenden, die die Demokratie mit Pflanzen, Gebäuden, Säulen oder etwa einem Geschäftsvertrag vergleichen, machen sie ihre Argumente und politischen Positionen den anderen Abgeordneten zugänglich. Dr. Onwu Inya bezeichnet solche sprachlichen Ausdrücke als „Metaphern der Demokratie“. Er sagt: „Die Untersuchung der Demokratiemetaphern, die den Diskurs der Abgeordneten im nigerianischen Senat beherrschen, zeigt, wie der aufkeimende Demokratisierungsprozess in der Nation gerahmt, charakterisiert und problematisiert wurde. Aber sie offenbart auch, welche Lösungswege vorgeschlagen werden.“

Der Post-Doktorand forscht bis 2025 als Humboldt-Stipendiat am Institute of English Studies. Gefördert wird er mit dem George-Forster-Postdoktorandenstipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung. Das Stipendium richtet sich an postdoktorale und erfahrene Wissenschaftler*innen, insbesondere aus dem Globalen Süden. Das Stipendium bietet Onwu Inya finanzielle und ideelle Unterstützung: „Prof. Dr. Anne Barron ist eine ausgewiesene Expertin auf meinem Forschungsgebiet. Deshalb habe ich mich für die Leuphana entschieden“, erklärt Onwu Inya. Außerdem hat er an der Universität Lüneburg Zugang zu Online-Ressourcen, die ihm sonst nicht zur Verfügung stünden. Zur Datenanalyse nutzt er das LinA-LAB. „Das Stipendium ist sehr prestigeträchtig. Es erhöht meine Chancen auf eine Professur in Nigeria", ergänzt der Postdoktorand.

Als Linguist analysiert der Forscher von der Federal University of Technology in Akure unter anderem den Diskurs im nigerianischen Parlament. Er untersucht systematisch einen Korpus von fast zwei Millionen Wörtern aus Parlamentsdebatten des nigerianischen Senats. Die Daten zeigen, dass sich die Abgeordneten positiv als „widerstandsfähige Verteidiger“ der Demokratie und der gesetzgebenden Institution darstellen. Die Exekutive hingegen wird manchmal als im Gegensatz zur demokratischen Konsolidierung stehend dargestellt. „Unsere Forschung trägt zum Verständnis der angespannten und polarisierten Beziehungen zwischen den Regierungszweigen in einem präsidentiellen politischen System in einer aufstrebenden Demokratie bei. Debatten sind der Schlüssel zur Demokratie", erklärt der Forscher. Die Demokratie in Nigeria ist noch sehr jung und in vielen Bereichen noch nicht so stabil wie zum Beispiel in Deutschland“, sagt Onwu Inya.

Er gehört zu den wenigen Forscher*innen, die die Redeweisen in einem afrikanischen Parlament analysiert haben. Bislang wurden vor allem westliche Demokratien sprachlich untersucht. Onwu Inya interessiert sich dafür, wie Menschen die Sprache nutzen, um ihre Position darzustellen: „Als Diskursanalytiker erforsche ich Aussagen und die Art und Weise, wie sie gemacht werden“, sagt der Wissenschaftler.

In einem vom American Council of Learned Societies /African Humanities Programme geförderten Projekt über die Pragmatik von Kurzgeschichten im Kontext von Gesundheitsratschlägen nigerianischer Ärzt*innen und Laien untersuchte der Forscher die Kommunikation zu Gesundheitsthemen auf Twitter. Durch kleine Geschichten konstruierten die Teilnehmer ein Gefühl der Gemeinschaft und damit ein besseres Verständnis für Gesundheitsthemen. So erfuhren die Jugendlichen beispielsweise, dass Energydrinks zu Bluthochdruck führen können, also eigentlich zu einer Alterskrankheit: „Unsere Studienergebnisse zeigen, dass die Teenager ihren Konsum aufgrund dieser Geschichten tatsächlich reduzierten.“

Dr. Onwu Inya studierte Anglistik an der Ahmadu Bello University in Nigeria und promovierte über Diskursanalyse und Gesetzesdebatten an der University of Ibadan. Seit 2021 ist er Dozent und seit 2023 Senior Lecturer an der Federal University of Technology, Akure, wo er am Institut für technologiegestütztes Lernen und digitale Geisteswissenschaften forscht. Onwu Inya wird bis 2025 als Gastwissenschaftler und Humboldt-Stipendiat am Institut für Anglistik tätig sein.

Kontakt

  • Prof. Dr. Anne Barron