„TRANSZENDERE AUDE!“ GRADUIERTENFEIER 2022
„Haben Sie den Mut, über die Aufklärung hinauszugehen!“, wünschte Präsident Sascha Spoun den Absolvent*innen bei der Graduiertenfeier am 18. Juni 2022. 450 Graduierte aus College, Graduate School und Professional School wurden verabschiedet. Zusammen mit Eltern, Freund*innen und Gästen nahmen insgesamt 1350 Feierende in Präsenz am Event im Zentralgebäude teil.
Nicht wenige Absolvent*innen fragen sich: Welche Zukunft steht uns da bevor? Welche Perspektiven hat meine Generation denn noch? Präsident Spoun griff das in seiner Rede auf: „Ich will mich auf diese Fragen hin nicht in den üblichen Reflex flüchten, zu sagen, die Zukunft liege in Ihren Händen, lasse sich von Ihnen gestalten“, sagte er, „Zukunftsgestaltung, klingt das nicht wie Hohn angesichts von Pandemie und dem Ukraine-Krieg, die beide für uns unvorhersehbar, ja sogar unvorstellbar waren?“ Die Zukunft sei nun mal ungewiss und unplanbar. Spoun bekannte, dass er fest an den Geist der Aufklärung glaube – auch wenn Angriffskriege und die Macht der Propaganda diesen Geist in Frage stellten. „Diese Aufklärung, die uns so weit gebracht hat, gerät an ihre Grenzen, ist in diesem Sinne am Ende.“ Das hieße jedoch nicht, dass das Projekt der Aufklärung ein Irrtum war. Nichts habe Europa vergleichbare Freiheit, Friede und Wohlstand gebracht. Doch sei die Aufklärung mit einer zu kurzen Leiter vergleichbar: „Aber dieser Leiter fehlen Sprossen, sie reicht nicht weit genug, um eine Antwort parat zu haben auf die aktuellen Herausforderungen. Es ist an der Zeit, neue Sprossen anzubauen.“
Diese Sprossen an der Leiter der Aufklärung seien dringend nötig. „Aufklärung kann keinen Klimawandel stoppen. Denn sie stellt den Menschen in den Mittelpunkt und lässt außen vor, dass uneingeschränkte Freiheit und Entfaltung zwar für die Individuen wünschenswert sind, nicht aber für deren Umwelt, sprich die Natur. Dass wir unseren Entfaltungsdrang einschränken müssen zum Schutz von Biodiversität, von Lebensräumen, von ökologischem und geologischem Gleichgewicht, das geht über die Aufklärung hinaus. Daher gilt es jetzt, bei allem Wert und Leistung der Aufklärung, die Grenze dieser Idee, dieser Vision anzuerkennen.“ Dies gelte insbesondere in einer Zeit, in der viele Menschen, wenn sie zwischen Freiheit und Bevormundung, zwischen Frieden und Imperialismus wählen können, leider Letztere wählen. „Es gilt“, riet Spoun, „auf die Schultern der Helden der Aufklärung zu klettern, um weiter zu sehen, als es diesen möglich war. Es gilt, dasjenige zu erkunden, was meine Generation versäumt hat, weil sie das Projekt der Aufklärung für ausreichend hielt, für eine noch immer zureichende Perspektive. Es ist die Aufgabe Ihrer Generation, darüber hinauszugehen, neue Leitersprossen zu finden, um weiter sehen zu können.“ Der Präsident pointierte: „Transzendere aude! Haben Sie Mut, über die Aufklärung hinauszugehen. Haben Sie Mut für eine Perspektive und Vision, von der wir jetzt alle noch nicht wissen, wie sie aussehen wird und wie sie zu finden ist!“
LEITUNG DES EVENTMANAGEMENTS
- Jan Geisler