ANALOG - zweite Ausgabe
Kontrolle politischer Macht durch Medien muss sein
21. März 2014 Lüneburg. Von prekären Arbeitsbedingungen für hochqualifizierte Journalisten bis zur Verantwortung der EU für die Vielfalt der Lokalzeitungen – auf der Medientagung ANALOG der Leuphana Universität Lüneburg diskutierten rund 100 Medienvertreter und Journalisten am 20. März die Zukunft des Qualitätsjournalismus. Prof. Dr. Däubler-Gmelin sprach sich für die Kontrolle politischer Macht durch die Medien aus.
Den Hintergrund für die Veranstaltung bildeten die aktuellen Entwicklungen in der Medienwelt. Gekauft, abonniert oder umsonst, Smartphone, TV oder Papier, global, national oder lokal – die Optionen, sich mit täglichen Nachrichten zu versorgen, scheinen heutzutage unendlich. Auf der Produzenten-Seite hat sich ebenfalls ein Wandel vollzogen: Hier stehen feste gegen freie Arbeitsverhältnisse, unbezahlte gegen gut bezahlte Jobs, Verlagshäuser gegen Blogs einzelner Journalisten.
Herta Däubler-Gmelin, ehemalige Bundesjustizministerin, vertrat in ihrem Eröffnungsvortrag eine klare These. Aus ihrer Sicht haben unabhängige Journalisten für die Demokratie eine große Bedeutung. Die langjährige Bundestagsabgeordnete sagte: „Die Kontrolle politischer Macht durch Medien muss sein. Denn Macht korrumpiert.“ Der politische Einfluss auf die Medien, den es in Europa viel zu häufig gebe, müsse ausgeschaltet werden. Däubler-Gmelin ist Mitglied einer europäischen Expertengruppe, die direkte Empfehlungen zum Schutz der Freiheit und Vielfallt der Medien gibt.
Neue Geschäftsmodelle im Internet
Die Juristin ist begeisterte Tageszeitungsleserin: „Ich bin Fan der Heimat-Tageszeitung. Ihre Marktplatzfunktion ist durch nichts zu ersetzen. Sie hat eine gemeinschaftsbildende Bedeutung. Im Internet herrscht totale Individualisierung – ich weiß bisher nicht, wie man diese Agora im World-Wide-Web gewährleisten kann.“ Däubler-Gmelin geht davon aus, dass neue Medien die alten beeinflussen, aber niemals ersetzen können.
In der anschließenden Podiumsdiskussion ging es um eine Bewertung der rasanten Entwicklungen auf dem Zeitungsmarkt. Dabei spielte auch die Frage der Arbeitsbedingungen für Journalisten ein Rolle. Mit Vivien Pieper, Ada von der Decken und Jakob Vicari waren drei junge Journalisten auf dem Podium vertreten. Sie alle haben für sich eigene Wege gefunden, um die neuen Möglichkeiten der Medienwelt zu nutzen. Während sich Pieper mit einem Autoren-Team auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit einen Namen gemacht hat, gründete von der Decken vor einem Jahr in Hamburg die lokale Online-Zeitung „Eimsbütteler Nachrichten“. Sie will damit eine Lücke schließen, die klassische Medienhäuser mit dem Einstellen von Lokalzeitungen geöffnet haben. Vicari ist ein freier Wirtschaftsredakteur aus Lüneburg. Er freut sich über Aufträge von Unternehmen und sieht in dieser interessengebunden Arbeit keinen Widerspruch zur seiner unabhängigen journalistischen Tätigkeit: „Das eine finanziert das andere.“
Der renommierte Journalismus-Forscher Michael Haller war ebenfalls auf dem Podium vertreten. Sein jüngstes Buch „Brauchen wir Zeitungen? Zehn Gründe, warum die Zeitungen untergehen. Und zehn Vorschläge, wie dies verhindert werden kann.“ sorgte für viel Gesprächsstoff. Hans-Herbert Jenckel, Online-Chef der Landeszeitung für die Lüneburger Heide, gab den Zuhörern Einblicke in den Alltag einer traditionellen Regionalzeitung, die neue Wege im Internet geht.
ANALOG ist eine regelmäßige Veranstaltungsreihe des Innovations-Inkubators der Leuphana Universität Lüneburg. Regionale Medienmacher treffen sich zum Austausch untereinander und mit den Forschern des Centre for Digital Cultures der Leuphana. Die ANALOG-Serie wird jetzt auch online fortgesetzt unter www.leuphana.de/inkubator/analog-online.
Die nächste ANALOG Veranstaltung findet am 4. Juni 2014 statt. Thema dann: „Digital oder Gedruckt? Branchengespräch: Rückkehr der Holzmedien.“