Helmut-Schmidt-Zukunftsfestival 2024: „Wir sind so sehr am Klima, wie noch nie “ ©Leuphana
Helmut-Schmidt-Zukunftsfestival 2024: „Wir sind so sehr am Klima, wie noch nie “ ©Leuphana
Helmut-Schmidt-Zukunftsfestival 2024: „Wir sind so sehr am Klima, wie noch nie “ ©Leuphana

„Bist Du noch Klimaaktivistin oder schon Gesellschaftsverbesserungsaktivistin?“, fragte Uwe Heuser (DIE ZEIT) im Zentralgebäude. Luisa Neubauer schmunzelte: „Ich weiß nicht, ob ich diesen Titel mag“, erklärte die 28-Jährige. Es sei nicht sie, sondern die Sicht auf die Klimakrise, die sich verändert habe: „Wir sind von einer Anerkennungsphase in die Umsetzungsphase gekommen. Wir betrachten Gesetze, Maßnahmen und Kampagnen: Ist das alles gut genug?“ Deswegen sei sie auch Teil eines größeren Protests geworden, gehe mit Busfahrer*innen für gute Arbeitsplätze auf die Straße oder protestiere mit Henrik Wüst (CDU) für eine sichere Demokratie. „Wir sind so sehr am Klima, wie wir es noch nie waren“, sagte Luisa Neubauer zu den Teilnehmenden des Helmut-Schmidt-Festivals. Die Wochenzeitung DIE ZEIT, die Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung und die Leuphana Universität Lüneburg hatten zum zweiten Mal gemeinsam eingeladen. Das Festival brachte 75 junge Zukunftsgestalter*innen auf dem Campus der Leuphana zusammen. Alle Teilnehmenden hatten sich mit einem Essay oder Video beworben.

Die Studierende der Umweltwissenschaften Johanna Schoele gehört zu ihnen und nutzte die Chance, beim Festival mit Luisa Neubauer ins Gespräch zu kommen: „Wie muss ein Aktivismus aussehen, der anerkennt, dass die Klimakrise mit so vielem zusammenhängt und sich in so vielem widerspiegelt?“, fragte die Leuphana-Studentin im Libeskind-Auditorium. Luisa Neubauer riet zu mehr Zusammenhalt in Organisationen. Dort sollten sich die Menschen als Aktivist*innen verstehen: „Aber es gibt auch eine Tür, die sich mit Verhaltensänderungen öffnet“, sagte Luisa Neubauer und bezog sich dabei etwa auf Nachbarschafts-Initiativen.

Die Klimaaktivistin beantwortete die vielen Fragen zu Atomkraft („viel zu teuer“), Greta Thunbergs Entwicklung („Ach, was ist schon radikal?“), den besten Voraussetzungen, um sich zu engagieren („Du muss nicht seit du sieben bist vegan sein.“) oder Klassismus im Protest: „Am stärksten von der Klimakrise betroffen sind die Ärmsten. In Deutschland weiß man: Die größten und dreckigsten Autos werden von den reichsten zehn Prozent gefahren. Die meisten Abgase lagern sich aber an den Straßen der Ärmsten ab.“
 

„Zivilgesellschaft unter Druck“

„Wie verkraftet man es mit dem Papst, Macron und von der Leyen zu tun zu haben?“, fragte Moderator Uwe Heuser. „Jetzt zwischenmenschlich? Sind alle nett“, sagte Luisa Neubauer und bezeichnete die Treffen als wenig monumental: „In Reality ist das alles ganz klein. Da gibt es kein Gespräch, das in diesem Moment die Welt verändert. Die Welt wird verändert, mit dem, wie wir dahin kommen und erreichen, dass der Vatikan heute klimaradikal ist oder Staatschefs sich genötigt fühlen, sich mit Klimaaktivisten hinzusetzen. Es wird bedeutsam mit dem, was man daraus macht und welche Verantwortung man daraus zieht.“

Der Idee, in die Politik zu gehen, erteilte sie dennoch eine Absage. Luisa Neubauer sieht ihre Rolle weiter im Aktivismus: „Die Zivilgesellschaft ist gerade unter einem solchen Druck und braucht so dringend Kräfte und Bewegungen und Menschen, die sich reinhängen.“

Die Leuphana-Studentin Paula Voß ist eine von ihnen. Sie engagiert sich beim Klimaentscheid Lüneburg: „Es war klasse, mit Luisa ins Gespräch zu kommen. Die Leuphana ist mit ihren Themen genau der richtige Ort für das Helmut-Schmidt-Zukunftsfestival“, sagt sie.

Helmut-Schmidt-Zukunftsfestival 2024: „Wir sind so sehr am Klima, wie noch nie “ ©© Ciara Burgess
Helmut-Schmidt-Zukunftsfestival 2024: „Wir sind so sehr am Klima, wie noch nie “ ©© Ciara Burgess
Helmut-Schmidt-Zukunftsfestival 2024: „Wir sind so sehr am Klima, wie noch nie “ ©© Ciara Burgess

Eröffnung im Zentralgebäude: „Ein Festival, das uns Ideen gibt“

Was hat Helmut Schmidt mit Zukunft zu tun? Dr. Meik Woyke (Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung) bezog sich bei seinen Worten an die jungen Menschen im Zentralgebäude auf den Namensgeber des Festivals: „Er wusste: Demokratie heißt Streit, aber am Ende siegt die Kraft des besseren, des rationalen Arguments und man muss einen Kompromiss finden.“ Dr. Uwe Heuser (DIE ZEIT) fasste die Idee des Festivals zusammen: „Wir wollen junge Leute dafür auszeichnen, dass sie die Welt noch verändern und verbessern können. Wir brauchen die jungen Ideen und wir brauchen ein Festival, ein Biotop, das uns Ideen gibt.“ Leuphana-Präsident Sascha Spoun schlug den Bogen zum Leuphana Semester: „Das Wesentliche sind die Ideen. Wir fangen mit einer großen gesellschaftlichen Aufgabe an, nicht mit einer kleinen fachlichen, damit die Entwicklung über das Studium hinaus, eine ist, die immer einen Bogen spannt: Was mache ich, wozu und warum?“ Inhaltlich fokussierten Prof. Dr. Dana-Kristin Mah, Juniorprofessorin für Digitales Lehren und Lernen, Prof. Dr. Jelena Bäumler, Professorin für Öffentliches Recht und Völkerrecht mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit und Prof. Dr. Natascha Zaun, Professorin für Politikwissenschaft, insbesondere Public Policy und Recht die drei Themenschwerpunkte des Zukunftsfestivals: KI, Demokratie und ordneten unter anderem den Klimawandel aus drei Perspektiven ein: „Die Forschung zeigt: Die Gesellschaft ist nicht so gespalten ist, wie wir es manchmal vielleicht diskutieren. Im Gegenteil: Für den Klimaschutz finden sich Mehrheiten in unserer Demokratie“, sagt Prof. Dr. Natascha Zaun. „Klimaschutz ist eine menschenrechtliche Aufgabe“, ordnete die Vizepräsidentin fürs College, Prof. Dr. Jelena Bäumler ein und verwies dabei auch auf die „inter- und intragenerationale Gerechtigkeit“. Prof. Dr. Dana-Kristin Mah beleuchtete die bildungswissenschaftliche Perspektive und verwies auf Bildung für eine nachhaltige Entwicklung: „Wie können Nachhaltigkeitsthemen wie Klimaschutz besser in formale Bildungsstrukturen, aber auch in informelle Bildungsprozesse integriert werden?“